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Sprossenwand - Magazin im DTB

Mit den Geschäftsführern durch die Turngeschichte

Turnen in der DDR bis zur Gründung des LTV M-V

Aus Sicht des damaligen Geschäftsführers Hans-Jürgen Madaus

In den kommenden Artikeln nehmen wir dich  mit auf die Reise durch die Turngeschichte in M-V. Teil 1: Vom damaligen Bezirkstrainer Turnen zum Geschäftsführer: Hans-Jürgen Madaus.

Geboren am 24.01.1939 in Grabow/Mecklenburg, wo er seine Jugend verbracht und zur Schule ging. Dank sehr guter Sportlehrer, welche ihn bereits an Turnen, Schwimmen, Leichtathletik und Fußball herangeführt und gefördert haben, und so kam Hans-Jürgen früh zum Vereinssport. Aufgrund seiner sehr guten sportlichen Leitungen hätte er nach seinem Abschluss in der 8. Klasse als Leichtathlet an die KJS (Kinder- und Jugendsportschule) nach Güstrow gehen können. Dies wollte er jedoch nicht und so begann er eine Lehre zum Maschinenschlosser beim VEB „Veritas Nähmaschinenwerk“ in Wittenberge. Dort konnte Hans-Jürgen Madaus auch parallel weiter Fußball und Leichtathletik ausüben. Das Arbeiten am Förderband bot ihm aber keine Perspektive und so interessierte er sich für ein Studium ab 1956 an der ABF der DHfK Leipzig mit der Fachrichtung Diplom Sportlehrer.

Nach seiner Bewerbung lud man ihn zu einem umfangreichen Eignungstest ein, welcher für viele Bewerber eine Herausforderung darstellte. Es wurden eine Vielzahl von Sportarten geprüft, als auch Mathematik, Deutsch und (etwas) Geschichte. Hans-Jürgen hatte jedoch keine Probleme, durchlief die strenge Ausbildung und erwarb sein Sportlehrerdiplom am 31.07.1963. Anschließend wurden die Absolventen für drei Jahre an Sporteinrichtungen delegiert. Für ihn war der DTSB (Deutscher Turn- und Sportbund) -BV (Bezirksverband) Schwerin vorgesehen, jedoch kurz vor Anreise wurde ihm gesagt, dass er nach Hagenow gehen solle. Dagegen beschwerte sich Hans-Jürgen beim DTSB-Kaderleiter in Berlin, drohte mit seiner Exmatrikulation und wurde dann in den Bezirk Rostock-Land zum 31.08.1963 berufen und war dort zwei Jahre als Haupt-Kreissportlehrer tätig. Von 1965-1967 war er dann für den Bezirk Rostock tätig und verantwortlich für den Nachwuchs.

Parallel wurde im Bezirksvorstand Rostock händeringend nach einem Bezirkstrainer Turnen gesucht. Wenn diese Stelle nicht bis zum Oktober 1967 besetzt wird, würde die Planstelle zum DTSB-Bundesvorstand zurückgehen. So kam der damalige DTSB-Bezirksvorsitzenden Hermann Pupat auf Hans-Jürgen zu und machte ihn, aufgrund seiner Turnqualifikationen, zum Bezirkstrainer Turnen Rostock.

Ab dem 01. Oktober 1967 war er dann für die 1. Förderstufe Turnen im Bezirk Rostock tätig, sowie für die Koordination der der Delegierung der 3 Nordbezirke zum SC Empor Rostock. Im DTV (Deutscher Turnverband) der DDR war er Trainerrat 1. FS, AG Wettkämpfe + Wettkampfsprecher, Leitungsverband DTV der DDR/ Kinderübung. Ehrenamtlich wirkte Turnfreund Madaus im BFA Turnen Rostock von 1967-1990 und als Sektionsleiter Turnen des SC Empor Rostock ab 1967 für mehrere Jahre mit. All diese Ämter füllte er bis zum 24.08.1990 aus, also bis zur Gründung des Landesturnverbandes Mecklenburg-Vorpommern.

Mit dem Einigungsvertrag folgte dann 1990 die Gründung des Bundeslandes Mecklenburg-Vorpommern. Dies bedeutete auch, dass sich nach Sondierungsgesprächen der BFA-Vorsitzenden Turnen (Rudi Reichert | Rostock, Herbert Lichtenstein | Schwerin, Horst Hafemann | Neubrandenburg) aus den drei Nordbezirken (Rostock, Schwerin und Neubrandenburg) am 25.08.1990 der Landesturnverband Mecklenburg-Vorpommern (LTV M-V) gründete. Damit ist der LTV älter als das Bundesland Mecklenburg-Vorpommern! Der Hauptsitz sollte in Rostock (Satower Straße) sein und der neue Präsident sollte auch aus der gleichen Stadt kommen, daher entschieden sich die Gründungsväter für Rudi Reichert. Hans-Jürgen Madaus wurde zum ersten Geschäftsführer (damals Verbandkoordinator) gekürt, da er stets hervorragende Leistungen aufwies und immer auch die Maßgabe von 10 teils auch 16 Leistungsturnerinnen in der Sportschule erfüllte.

Das Einzige, was ihm fehlte, war eine A-Lizenz. Diese wurde im nach mühevollen Verhandlungen, dank seines Sportlehrerdiploms, zugesprochen, sodass alle Rahmenbedingungen erfüllt waren.  

So konnte sich Hans-Jürgen Madaus den völlig neuen Aufgaben, einen Sportfachverband neu aufzubauen, widmen. Dabei konnte er sich auf sein Netzwerk von Partnerinnen und Partnern ebenso verlassen, wie auf die Unterstützung der Sportfreundinnen und Sportfreunde aus Schleswig-Holstein (Partner des Bundeslandes M-V) und Bremen (Partnerstadt von Rostock). Auch der Deutsche Turnerbund half maßgeblich. Dies war der Beginn der seit 35 Jahren für den Turnsport in unserem Bundesland maßgeblichen Erfolgsgeschichte des LTV. 

 

Interview am 21.02.2024 in der Geschäftsstelle Rostock
ehemaliger Geschäftsführer: Hans-Jürgen Madaus (links)
ehemaliger Vizepräsident: Dr. Roland Bothe (rechts)

Jetzt startet die offizielle Verbandsarbeit

Ab hier liegen die DDR-Zeiten hinter uns. Die erforderlichen Sondierungsgespräche, um die Bezirke Rostock, Schwerin und Neubrandenburg zusammenzulegen und den eigenständigen Landesturnverband MV zu gründen, sind geführt worden. Nun schreiben wir den 25.08.1990 und durch die Angliederung an den Deutschen Turner-Bund (DTB) kamen auch neue Sportarten dazu, wie Faustball, Orientierungslauf, Musik- und Spielmannswesen und Wandern, die im DTV der DDR eigenständige Verbände mit Förderung waren.

Der Bericht spiegelt weiterhin die Sicht des damaligen Geschäftsführers (GF) Hans-Jürgen Madaus wider.

Der erste große Höhepunkt des Verbandes, war das Treffen mit dem Schleswig-Holsteinischen Turnverband (SHTV), in Vertretung durch den Präsidenten Niels Schwarz & der Landesfrauenwartin Gretel Denker in der Sportschule Warnemünde. Dies diente als Erfahrungsaustausch für den jungen LTV M-V und endete in einer festen Partnerschaft zwischen den beiden Verbänden. Notwendige Verbands-, Vereins- und Kommissionsstrukturen, welche Finanzierungsmöglichkeiten in diesem neuen Verbandssystem unter dem DTB, DSB & LSB M-V existieren, waren u.a. die Themen des Zusammenkommens.

Die Kontaktfindung zu den Vereinen war zu Beginn eine wichtige Aufgabe. So brachte der LTV-Pressewart Karl-Heinz Priewe ab 12/1990 monatlich das „TURNEN in Mecklenburg-Vorpommern" in Text- und Bildformat heraus und informiert über aktuelle Geschehnisse.

Nach der Wiedervereinigung stellte der DTB den fünf neuen Ländern (LTV/FNL) jeweils 20.000 DM für die Einrichtung ihrer Geschäftsstelle zur Verfügung. Landesoberturnwart Rosenkötter (Bremer TV) übernahm das für den LTV M-V. Der erste Geschäftsstellensitz war in der Satower Str. dann in dem Damerower Weg bei gleichem Mietpreis und einer größeren Fläche. Unterstützt wurde auch von der DTB-Fördergesellschaft. Von ihnen erhielt die Geschäftsstelle Apple-Computer. Jedoch waren einfachere PC's mehr erwünscht und so wurde die Technikausstattung kurzer Hand mit dem VTF Hamburg getauscht. Die Büroarbeit wurde dann auch stark erleichtert durch die Organisationsleiterlizenz A & EDV-Schulung, welche Hans-Jürgen beim LSB M-V erworben hatte. Durch die DTB-Finanzierung konnten auch 3 Turnfreunde für 2 Jahre, als LTV-Vereinsberater eingestellt werden. Siegfried Barche (Neubrandenburg), Horst Stammann (Schwerin) & Jürgen Weinreich (Hagenow) waren dann operativ in den Vereinen und Fachausschüssen tätig. Weiterhin bekamen die 5 neuen Bundesländer 1992 je einen VW T4 (Kleintransporter) mit Grundausstattung für Bildungsangebote, Veranstaltungen u.a. Somit war der LTV-Geschäftsführer effektiver in der Außenarbeit des Verbandes. Leider durfte dieses fabrikneue Fahrzeug die ersten 1 TKM nur mit 100 km/h gefahren werden. Dies bedeutete eine lange Heimreise von Frankfurt am Main nach Rostock über die Bundesstraßen. Nun konnten die LTV-Angebote starten.

Zunächst trat der FA Gymnastik/RSG (Ursula Lehmann) in Aktion mit der Landesveranstaltung „Festival Gymnastik & Tanz", erst in Kühlungsborn und später dann auch in Neubrandenburg, Röbel, Ueckermünde und Stralsund. Mit dem VTF Hamburg und Geschäftsführer Bernd Lange-Beck entwickelten sich umfangreiche Workshops in M-V mit Referenten des VTF Hamburg & der DTB-Akademie, geführt durch Dr. Gudrun Paul. Diese wurden von den Vereinen erfolgreich angenommen und bewirkten damit auch eine Erweiterung ihres Kursangebotes. Der Bereich Gesundheitssport bekam im DTB & DSB eine immer größere Bedeutung. So führte u.a. der DTB das Qualitätssiegel „Pluspunkt Gesundheit" ein, kooperierte mit den KK und der Ärzteschaft.

LTV-Vizepräsident Siegfried Barche und Hans-Jürgen Madaus stellten für den November 2002 den 1. „Gesundheits- und Fitnesstag des LTV M-V" in Rostock zusammen. In 5-6 Sporthallen schafften hochqualifizierte Referenten ein Event, welches mit einem großen Zulauf belohnt wurde.

Somit folgte der 2. Auflage in Rostock nur ein Jahr später. Die Qualität und Teilnehmerzahl sprach für dieses Bildungsangebot und so kam es erstmalig dazu, dass der LSB M-V ab der 3. Auflage bis 2009 ein Eventpartner wurde. Folgend übernahm der LSB M-V diese Großveranstaltung in Kooperation mit dem LTV M-V unter dem Namen „Gesundheitskongreß“. Diese Zusammenarbeit ermöglichte neue Erweiterung- und Finanzierungsmöglichkeiten.

Gruppenbild des Präsidiums am 04.11.2000
von links
Hans-Jürgen Madaus
Dr. Roland Bothe
Eduard Friedrich
Herbert Lichtenstein
Karl-Heinz Priewe
Rudi Roloff
Kati Brenner
Sven Kusch
Siegfried Barche

Alle Deutschen Turnfeste & Internationales Deutschen Turnfeste von 1994 Bochum / Dortmund bis 05.2025 Leipzig liegen in Vorbereitung (Unterkunft Schulen & Infostand LTV MV des Präsidiums & der LTV-Geschäftsstelle). Für die Vereine ist der Verband eine Stütze bei Findung ihrer Tagesabläufe & direkten Sportaktionen und Wettkämpfe.

Teilnahme an Großveranstaltungen des LSB M-V: Jugendsportspiele (1. 1992 in Neubrandenburg) mit Fachausschüssen und bei den Seniorensportspielen (1. 1995 in Stavenhagen) mit Gym & Tanz und Allgemeines Turnen waren und sind wir der stärkste Kooperationspartner für den LSB M-V.

Mitwirken in Kommissionen:

1. „Norddeutscher Turnerbund", unter Leitung vom VTF Hamburg mit Inhalten wie Aus- und Fortbildung, Finanzen/Wirtschaft, Leistungssport mit Delegierungen.

2. AG „Fünf neue Länder" /FNL des DTB mit dem Inhalt Finanzausgleich, für beim LSB gemeldeten Fach-Mitglieder, die dort aber nicht beim LTV gemeldet/ Mitglied sind (wie Allg. Turnen, Kinderturnen, alle ohne Wettkämpfe) und an den LTV M-V keinen Mitgliedsbeitrag zahlen. Dem LTV aber Beitragszahlung an DTB und DSB in Rechnung gestellt wurde. Der LTV MV war/ ist bei allen Mitgliederbestandserhebungen des LSB MV der zweitgrößte Fachverband in MV. (ca. 25.000 an LSB, davon ca. 18.000-20.000 im LTV)!

Um all diese Aufgaben zu bewältigen, war stets bzw. vielfach Hans-Jürgen Madaus gefragt und gefordert.

In der Tätigkeitszeit des GF H.-J. Madaus (08.1990-03.2005) waren Vorsitzende/Präsidenten des LTV M-V: Rudi Reichert (Direktor Sportschule Warnemünde) Zeitraum 25.08.1990-19.10.1096 und vom 19.10.1996-27.10.2008 Eduard Friedrich (Leiter Olympiastützpunkt Rostock). Sie führten engagiert den LTV M-V von Innen (Präsidium) bis nach Außen (Behörden, DTB, LSB M-V) und gaben dem GF Rückhalt in der Führung der LTV-Geschäftsstelle. Eduard Friedrich konnte in seiner beruflichen Funktion die Bewilligung & den Bau einer Kunstturnhalle in Rostock bewirken & somit das Kunstturnen weibl. weiterhin fördern.

Auch die Ehrungen & Auszeichnungen waren für Präsidium & LTV-GF immer ein wichtiger Bestandteil in der Verbandsarbeit, da so Aktive & ehrenamtlich Engagierte ihre Anerkennung erhielten. Dies wird auch bis heute aufrechterhalten.

Am 29.März 2003 wurde der GF Hans-Jürgen Madaus aus der beruflichen Tätigkeit im LTV M-V in Ehren durch das Präsidium & Präsidenten Eduard Friedrich verabschiedet. Viele der sportlichen Wegbegleiter aus M-V bedankten sich nochmals bei Turnfreund Hans-Jürgen Madaus, der hauptamtlich allein, diese Jahre in der LTV-Geschäftsstelle, die Anforderungen bewältigte. Auch Ilse Madaus, Landestrainerin Turnen vom 01.01.1993-30.04.2004 wurde in dieser Ehrenrunde von Präsident Eduard Friedrich aus dem LTV MV verabschiedet. Sie hatte in den Jahren zahlreiche Turnerinnen zum SC Empor Rostock delegiert, die dann erfolgreich in der Nationalmannschaft waren und dem Hanse-Turnverein Rostock Talente "übergeben".

So übernahm Kati Brenner (geb. Jackwitz), im Kindesalter Kunstturnerin beim SC Empor Rostock und ab dem Jugendalter Sportakrobatin bei der SG Motor Warnowwerft Warnemünde, am 01.04.2003 die LTV-Geschäftsstelle, die sie bis zum 31.03.2015 bekleidete. Jetzt ist sie die Geschäftsführerin beim Internationalen Deutschen Turnfest 2025 Leipzig & organisiert aktuell das 44. Internationales Deutsches Turnfest.

Verabschiedung
Ilse Madaus (links) und Hans-Jürgen Madaus (rechts)
durch Präsident Eduard Friedrich (mitte)